Reportage der 11Freunde-Redaktion, Text: Max Dinkelaker, Fotos: Norman Konrad, Titelbild: imago
Zu Besuch bei Deutschlands bestem Vorlagengeber Pascal Groß - Der will doch nur spielen
Pascal Groß ist der beste deutsche Fußballer ohne Länderspiel. Als Strippenzieher von Brighton and Hove Albion hat er sich in der Premier League längst einen Namen gemacht. Wann bekommt er endlich auch in Deutschland den Respekt, den er verdient?
Kaum ein Spitzname für Pascal Groß könnte irreführender sein als »Calli«. So nennt Vater Stephan Groß seinen Sohn, er sagt dann in breitem Mannemerisch Sätze wie »der Calli hat gestern gut gespielt«, »war bitter für den Calli, dass der Trainer ihn rausgenommen hat« oder »richtig gut war der Calli bis zu seiner Auswechslung«. Der Calli, das ist in Deutschland eigentlich Reiner Calmund. Massig, laut, emotional freizügig, allein die körperliche Erscheinung ein Statement. Der Calli ist ein Menschenfänger, einer, der einen als Bundesligamanager oder Fernsehexperte seit Jahrzehnten förmlich anspringt, wenn man die Glotze anmacht. Der Calli aus Neckarau, einem Stadtteil von Mannheim, der Calli, der Pascal Groß heißt und nicht Reiner Calmund, ist, spitz formuliert, das genaue Gegenteil.
Denn dieser Calli findet in der deutschen Öffentlichkeit quasi nicht statt. Keine großen Fotos in der »Bild«, keine langen Texte in der »Zeit«, keine Lobeshymnen auf 11freunde.de. Dabei gehört Groß seit Jahren zu den besten und kreativsten Spielern auf seiner Position, im Zentrum des Geschehens, mal auf der Acht, mal auf der Zehn. Da wo die Zeit knapp ist und der Druck hoch. 2014 sammelte er in der zweiten Liga 30 Scorerpunkte. 2017, in seiner letzten Saison für Ingolstadt, bereitete er 98 Torschüsse vor, so viele wie kein anderer Spieler der Bundesliga. Wohlgemerkt bei einem Absteiger, der sich einigelte in der eigenen Hälfte und sich nur ab und zu, mit Bedacht und ohne Risiko, nach vorne wagte.
Doch Pascal Groß sieht Räume auf dem Spielfeld, die anderen verborgen bleiben. Und er hat die Technik, die Bälle mit rechts oder links dort hin zu passen. Vergangene Spielzeit, seine erste bei Brighton & Hove Albion in England, war Groß an fast der Hälfte der Tore seiner Mannschaft direkt beteiligt, sieben schoss er selbst, acht legte er auf. Mit seinem Kopfballtor gegen Manchester United sicherte er dem Team den Klassenerhalt, seine beiden Treffer am vierten Spieltag gegen West Bromwich waren die ersten für Brighton in der Premier League überhaupt.
Die Fans texteten im Laufe der Saison einen Queen-Song für ihn um, sangen »Another Assist for Groß« statt »Another One Bites the Dust«. Die englischen Experten staunten über das Schnäppchen des Jahres. Sein Trainer Chris Hughton schwärmte vom einflussreichsten Spieler der Mannschaft. Nur in seiner Heimat, in Deutschland, lockte dieser Pascal Groß noch immer keinen hinter dem Ofen hervor. Warum bloß?
An einem rauen, grauen Tag im Dezember, englische Südküste halt, läuft Pascal Groß den Strand in Brighton entlang. Es war mal ein Sandstrand, erklärt er, doch weil der Wind die Körner zu oft durch die Luft bis zur Promenade schleuderte, wurde alles mit Steinen beschwert. Auf diesen Steinen soll sich Groß – schwarze Schuhe, schwarze Hose, schwarze Jacke, wahnsinnig grüne Augen – gleich fotografieren lassen. Und dann erzählen, warum er nicht etwas mehr Tamtam macht um seine Person. Warum er nicht häufiger den Leuten in die Ohren brüllt, wie gut er ist, wenn sie nicht von alleine hinhören wollen.
Doch stattdessen zeigt Groß auf die erste Häuserreihe und erzählt, im gleichen Mannheimer Dialekt wie sein Vater, das »ch« also eher »sch« und das »ck« eher »g«, erstmal von den unanständig hohen Mieten in Brighton. »Dreieinhalb Zimmer dort kosten mehr als 3000 Pfund. Ich frage mich: Wie soll sich das jemand mit einem normalen Job leisten können? Auch die Krankenversicherung ist teurer als bei uns. Zum Beispiel haben ganz viele Leute hier schlechte Zähne. Komisch, oder?« Es gibt Fußballer, die nicht wissen, was Menschen mit einem normalen Job verdienen. Und es gibt Fußballer, die verdienen noch wesentlich mehr als Groß. Weil sie sich besser vermarkten. Weil sie sich in den Sozialen Medien um Follower bemühen und Reichweite generieren. Groß postet nichts. »Diese Welt ist für mich fake. Ich bin Fußballer. Es soll nicht darum gehen, wie viele Bilder ich hochlade. Die Leute sollen bewerten, wie ich spiele.«
Einer, der genau das tut, ist sein Vater Stephan. Beim Spaziergang am Strand ist er auch dabei, er schlendert genügsam, fast verträumt, hinter seinem Sohn her. Gut gegen den Ball arbeite der Calli, sagt er, den letzten Pass könne er spielen wie wenige sonst. Nur mit dem Kopf müsse er besser werden. Stephan Groß, 65 Jahre alt und drahtig, war einst selber Fußballprofi beim Karlsruher SC und später beim VfL Neckarau Pascals Jugendtrainer. Bis heute weicht er ihm kaum von der Seite. Zu jedem Spiel fliegt er von Stuttgart aus rüber nach England, nach London Gatwick, von dort fährt er 30 Minuten mit dem Zug nach Brighton, wo ihn sein Sohn oder dessen Freundin abholt, die ihm auch die Reisen organisiert. Mit Computern hat er es nicht so.
Vergangene Saison machte Pascal Groß alle 38 Spiele für Brighton. Stephan Groß verpasste kein einziges. Wenn man so will, ist er ein Allesfahrer. Er sitzt dann auf der Tribüne, innerlich extrem angespannt, aber äußerlich ruhig. Er flucht nicht und jubelt kaum, eigentlich sagt er 90 Minuten lang kein Wort. Er schaut stur aufs Spielfeld, um später in der Analyse die entscheidenden Szenen genau ansprechen zu können. Und er hofft inständig, dass seinem Sohn bloß kein Fehler unterläuft.
Schließlich kenne er ja das Geschäft, sagt er, und wisse daher, wie schnell das alles gehe. Bergauf, bergab, alles hänge von Kleinigkeiten ab. »Ich bin froh, dass ich all diese Momente mit meinem Vater teilen kann«, sagt Pascal Groß. »Der Calli« sagt Stephan Groß, während sein Sohn fotografiert wird und ihn nicht hören kann, »hat mir mal das schönste Kompliment der Welt gemacht. Er meinte: Du bist nicht nur mein Vater, du bist auch mein bester Freund.«
Stephan Groß klopft sich mit der rechten Faust auf die linke Brust. »Er ist schon etwas sentimental. Das weiche Herz hat er von seiner Mutti.«Eine Stunde später sitzen Pascal Groß und sein Vater in einem Café. Weil er seinen Hund dabei hat, erkundigt sich der junge Groß zunächst, ob sie überhaupt hier Platz nehmen dürfen. Er geht also vor zum Tresen, fast ein wenig schüchtern, und fragt mit ruhiger Stimme, die so gar nicht zu dem passt, was man sich unter einem Premier-League-Multimillionär vorstellt, ob das okay sei mit dem schwarzen Labrador. »Viele sehen das hier nicht gerne, Hunde im Restaurant.«
Dabei zählt Brighton eigentlich zu den liberalsten Flecken im Land. Die Grünen schneiden bei Wahlen traditionell gut ab, seit Jahrzehnten ist Brighton für seine große LGBT-Community bekannt. In den schmalen und flachen Häusern der Innenstadt findet man Läden für vegane Schuhe, vegetarische Restaurants und Geschäfte, die Holzspielzeug und bunte Tücher verkaufen. Dass Groß ausgerechnet in der 300 000-Einwohner-Stadt südlich von London gelandet ist, war kein Zufall. Das hat allerdings nichts mit vegetarischen Schuhen zu tun. Sondern mit Statistik. Und mit Klubbesitzer Tony Bloom.
Der rettete dem Verein 2009 den Hintern. Finan-ziell war Brighton am Ende, sportlich dümpelte das Team durch die dritte Liga, seit zehn Jahren gab es nicht mal mehr ein eigenes Stadion. Brighton musste sich mit anderen Vereinen ein Leicht-athletikfeld teilen, das einst ein Zoo gewesen war. Die provisorischen Bauzauntribünen lieh man jeden Sommer für ein bisschen Geld nach Schottland zu Golfturnieren aus. Doch Bloom, in Brighton geboren, sein Leben lang Fan und als professioneller Pokerspieler und Gambler – Spitzname »The Lizard« – zu sehr viel Geld gekommen, übernahm den Klub und finanzierte ein neues Stadion.
Auch sportlich gab er eine neue Richtung vor. So wie er seine Wetten platzierte, also auf Grundlage von Daten und Zahlen und Wahrscheinlichkeiten, so suchte Bloom mit seinen Scouts von nun an auch nach Spielern für Brighton. Nach Spielern, die sonst keiner auf dem Schirm hatte. Nach Spielern, die statistisch überragten. Spieler wie Pascal Groß vom FC Ingolstadt. »Als wir über den Wechsel verhandelten, legte Brightons Scout plötzlich einen 50-seitigen Bericht auf den Tisch. Da stand alles über mich drin. Was ich kann, was ich nicht kann. Das hat mich beeindruckt.« Man kann sich gut vorstellen, wie Groß danach den Trainer mit seinen grünen Augen musterte, wie er hin und her überlegte, kann ich euch trauen, traut ihr mir wirklich? Denn Vertrauen, das betont Groß immer wieder, sei das Wichtigste. Am Ende sagte er zu und wechselte für drei Millionen Pfund nach England.
Einen Tag vor dem Spaziergang am Strand scheint in Brighton die Sonne. Die fetten Möwen, die bei stürmischem Wetter über der ganzen Stadt kreisen, watscheln träge umher. Würde nicht ab und zu ein Busfahrer mit blau-weißem Schal um den Hals in seinem Doppeldecker sitzen, man würde nicht viel davon mitbekommen, dass in ein paar Stunden ein Spiel angepfiffen wird, das für viele Fans das Spiel des Jahres ist: Brighton & Hove Albion gegen Crystal Palace, Seagulls gegen Eagles.
In den Siebzigern wurde Brighton von Allen Mullery und Palace von Terry Venables trainiert. Zwei Männer, die einst Teamkollegen gewesen waren und die sich schon während ihrer gemeinsamen Zeit bei Tottenham nicht hatten riechen können. Als Mullery dann nach einer Niederlage von einem Palace-Fan mit Kaffee übergossen wurde, bewarf er diesen mit Kleingeld und pfefferte einen in England mittlerweile legendären Satz hinterher: »Nicht mal das seid ihr wert, Palace.« Seitdem ist das Tischtuch zwischen den Vereinen zerschnitten.
Groß steht nach drei Monaten Verletzungspause, der ersten seiner Profikarriere überhaupt, endlich wieder auf dem Platz. Das am Knöchel sei eine knifflige Sache gewesen, seltenes Problem, komisches Band. Die Hütte ist voll, 30 000 im Falmer Stadium. Schnell ist klar: Groß hat am Ball mehr drauf als der Rest. Seine Pässe geben dem Spiel Tiefe, immer, wenn er eine Idee hat, wird es gefährlich. Er kommt heute über rechts, dabei trifft er auf Max Meyer, der bei Palace seit einigen Wochen im linken Mittelfeld eingesetzt wird. Und der ist, wenn man so will, ebenfalls das genaue Gegenteil zu Groß.
Denn auch über Meyer wird immer gesprochen, im Sommer gab es ein großes Wechseltheater, einen Weltklassespieler wollte sein Berater in ihm gar entdeckt haben. Meyer hat Länderspiele auf dem Konto, Meyer ist eine Person von öffentlichem Interesse. Meyer macht sich im Gegensatz zu Groß mit langen Hosen und Handschuhen warm. Doch Meyer spielt nur quer. Früh geht Brighton mit 1:0 in Führung, Glenn Murray, der alte Haudegen im Sturm von Brighton, verwandelt einen Elfmeter zur Führung. Aber: Schon nach einer halben Stunde wird Groß ausgewechselt.
Weil sein Teamkollege Shane Duffy nach einer Art Kopfnuss vom Platz fliegt, opfert Brighton-Coach Hughson seinen kreativsten Spieler. Groß guckt verwirrt, als seine Rückennummer auf der Anzeigetafel erscheint. Dann schüttelt er sich kurz, joggt zur Mittellinie und klatscht Leon Balogun ab, der für ihn kommt und die Verteidigung stärken soll. Mit seinem ersten Ballkontakt schießt Balogun das 2:0. Die Fans im Stadion reißt es von den Sitzen, sie klatschen hektisch wie Menschen in Stummfilmen oder strecken ihre Mittelfinger so weit in Richtung der Palace-Fans wie möglich, sie singen in kleinen und größeren Gruppen Schmähgesänge auf die Rivalen. Spätestens beim 3:0, das noch vor der Pause fällt, rasten sie komplett aus. Manche werden später von der besten Stimmung sprechen, die sie hier je erlebt haben.
Nur für einen läuft es nicht nach Plan. Früher, als Pascal Groß noch jünger war, da konnte es in solchen Situationen, wenn er sich ungerecht behandelt fühlte, wenn etwas nicht klappte, zwischen ihm und seinem Vater richtig krachen. Damals trainierte Stephan Groß seinen Sohn und dessen Kumpels in Neckarau. Zu allen Jungs war der Ex-Profi streng, zu seinem eigenen noch ein bisschen strenger. »Er war nur am Dribbeln, spielte nie ab und war ständig am Rummaulen«, sagt der Vater heute. Also pfiff er damals in den Trainingsspielen extra gegen den Sohn. Wenn der sich darüber beschwerte, manchmal gar jähzornig wurde, schickte er ihn unter die Dusche. Abends, am Esstisch im Hause Groß, musste die Mutter dann schlichten.
Einer, der damals schon dabei war, ist Marco Terrazzino. Terrazzino ist mittlerweile selber Profi, beim SC Freiburg, und noch heute einer der engsten Freunde von Pascal Groß. Sie haben denselben Berater, sie fahren zusammen in den Urlaub, sie spielten zusammen in Neckerau und wurden danach mit Hoffenheim deutscher B-Jugend-Meister. In Karlsruhe, wo sie beide gelandet waren, nachdem Ralf Rangnick sie aussortiert hatte, wohnten sie zusammen mit Hakan Calhanoglu in einer WG. Damals habe Groß ihn und den Hakan oft einfangen müssen, erzählt Terrazzino am Telefon. Aber das sei ja auch logisch, sagt er, ein Türke, ein Italiener, ein Deutscher, da ist ja wohl klar, wer für die Ordnung sorgt.
Einen Siegeswillen wie beim Pascal habe er noch bei keinem erlebt, von der Einstellung her sei der eine Maschine. Er könne laufen wie ein Pferd und spielen wie eine echte Nummer Zehn. Es sprudelt aus Terrazzino raus, er lobt seinen Freund, er jubelt fast. Nur bei einem Thema wird er ernst. Ob sein Kindheitsfreund nicht mehr Respekt verdient hätte in Deutschland, vielleicht sogar einen Platz im DFB-Team? Terrazzinos Stimme geht nach oben, er regt sich auf. »Da hört man nichts! Ich verstehe das nicht. Der Junge spielt überragend. In der Premier League. Und keiner bekommt es mit. Was soll das?«
Was Terrazzino nicht anspricht, ist das große Problem von Pascal Groß: die Sache mit der Schnelligkeit. Er könne da ja gar nichts für, sagt sein Vater, aber er sei nun mal nicht der Schnellste. »Sonst hätte er längst 50 Länderspiele.« Doch im heutigen Fußball geht nichts ohne Tempo, nie äußerte sich das so deutlich wie im WM-Sommer und in den Monaten danach.
Der Umbruch nach dem Debakel, er soll mit Spielern wie Serge Gnabry und Leroy Sané gelingen, mit Sprintern, die von ihren Kollegen Mopeds genannt werden. Doch Pascal Groß ist kein Moped. Fragt man ihn selbst nach der DFB-Elf, wird er nicht ernst wie sein Freund Terrazzino, im Gegenteil, er beginnt zu träumen und driftet in ganz großes Pathos ab. »Ich würde mein Leben geben, wenn ich bei einer Weltmeisterschaft auf dem Platz stehen könnte. Mein Leben würde ich geben. Aber ich bin auch Realist. Wahrscheinlich habe ich da auch in Zukunft schlechte Karten.«
Zehn Minuten nach dem Abpfiff öffnet sich in den Stadionkatakomben von Brighton eine große Flügeltür aus hellem Holz. Wobei das Wort Katakomben es nicht wirklich trifft. Nichts hier ist duster und modrig. Die Mixed Zone ist für die Fernsehkameras penetrant gut ausgeleuchtet, vor den Werbetafeln sind Zickzack-Wege durch Absperrgurte wie am Flughafen exakt vorgegeben, die Wände sehen aus, als wären sie gestern gestrichen worden. Viel weiß, etwas blau, fleckenlos, fast steril.
In der Mixed Zone, in der die Journalisten der Stadt auf markige Sprüche für die Zeitung von morgen hoffen und Premier-League-Mitarbeiter in schwarzen Premier-League-Anzügen beim Warten wichtig aussehen, beim Warten auf Max Mayer und seinen Designerrucksack zum Beispiel, dem sie dann den Weg zum Gästebus erklären müssen – erst links, danach geradeaus, aber warten Sie noch kurz, die Fans machen draußen gerade Radau – tritt also Pascal Groß aus der Flügeltür ins Licht. Sein Körper verschwindet in einem dunkelblauen Trainingsanzug, seine Stirn unter einer dunkelblauen Wollmütze. Er schaut starr nach vorne und läuft zügig an den Journalisten und wartenden Premier-League-Anzügen vorbei. Die einen haben keine Fragen, die anderen ihm nichts zu erklären, vielleicht erkennen sie ihn aber auch gar nicht als Profi, er trägt ja keinen Designerrucksack.
Höchstens die versteinerte Miene könnte ihn verraten. Ist er angefressen? Wegen der Auswechslung? Trotz der drei Punkte? Schlummert in diesem stets als Mannschaftsspieler angepriesenen Kerl vielleicht doch irgendwo ein riesengroßes Ego? »Quatsch«, sagt Groß. Sein Gesicht hellt sich auf, er lächelt fast. »Ich kann den Trainer verstehen, es stand 1:0 und wir waren einer weniger, also wollte er hinten gut stehen und nach vorne mit langen Bällen spielen. Glenn macht solche Bälle mit dem Rücken zum Tor viel besser fest als ich. Heute war wichtig, dass wir zu Hause weiter gewinnen.« Warum er dann so schnell hier raus wollte? »Na ich will rüber, auf die andere Seite vom Stadion. Da wartet meine Familie.«
Dann verabschiedet er sich, verlässt die Mixed Zone und läuft zügig quer über den Platz. Er steigt auf der anderen Seite die Treppen der Gegentribüne hoch, öffnet eine Glastür und verschwindet in der Players Lounge. Gleich wird er seinen Vater umarmen, seine Freundin, und dann, nicht zu spät, werden sie gemeinsam nach Hause fahren und das Spiel analysieren. Stephan Groß wird Pascal Groß sagen, was gut war und was schlecht. Pascal Groß wird zuhören und es sich zu Herzen nehmen. In vier Tagen ist ja schon das nächste Spiel, da will er wieder abliefern, besser sein als beim letzten Mal. Vielleicht bekommen das dann ja irgendwann auch die Leute in seiner Heimat mit.